Der Garten hinter unserem Haus besticht nicht durch Größe. Gefühlte 20 m² Rasen, zwei Wäscheständer und eine Birke. Dahinter liegt eine Garagensiedlung, bevölkert von Opas mit kleinen Handtäschchen und geputzten VW Golf. Neben unserem Garten liegt Frau Haas` kleine Scholle. Sie ist nicht durch den berühmten Maschendrahtzaun wohl aber durch einen Holzzaun vom Rest des Grundstücks getrennt. Ist Frau Haas zugegen, hängt ihr lila Beutel an der Gartentür. Passend dazu trägt sie eine lila Jogginghose und einen grünen Pullover aus Perlon oder Dederon. Mit den Kunstfasern am Leib, knistert sie leise durch den Garten und lädt sich elektrisch auf. Beim Händeschütteln habe ich schon zweimal eine gewischt bekommen.
Im lila Dress kämpfte Frau Haas in den letzten Wochen gegen das Laub der Nachbarbäume in ihrem Geviert. Das sie von morgens bis abends akribisch Laub harken kann, hat direkt mit ihrer Funktion als Blockwart zu tun. Zwei Hände an der Harke, beide Augen und Ohren bei den Nachbarn. So lautet ihre Devise! Wir scheinen ihr besonders suspekt zu sein. Stein des Anstoßes ist der von uns genutzte Keller.
Durch Zufall erwischte uns Frau Haas beim Sortieren von einem Dutzend Altkleidersäcken, die wir von einem dankbaren Gartenbesitzer in der Rietschelstraße erstanden hatten. Sofort sah Frau Haas ihre Müllrechnung explodieren. Ihre Rente sei klein und, im Gegensatz zur untergegangenen DDR, machen ihr die Mieter heute nur noch Ärger. Wie es ihre Art ist, lächelte sie am Ende ihres Vortrags und endete mit den ermunternden Worten: „Sie werden hier schon Ordnung schaffen, nech?“.
Ein paar Tage später, die Altkleider waren mittlerweile in Müll und Brauchbares getrennt, bezichtigte uns Frau Haas wir würden ein unlauteres Gewerbe im Keller betreiben. Ihre Müllrechnung war vergessen. Nun war es die Heizung, da sie gezwungen war ihr Kellerfenster sperrangelweit aufzureißen, um mit dem Muff fertig zu werden. Und die Kälte würde dann aus dem Keller in ihre Wohnung ziehen, dass wüssten wir doch.
Nachdem die Klamotten im Altkleidercontainer oder bei Freunden untergekommen waren, verfrachteten wir eine Tonne Kohlen in den Keller. Eine schlechte Idee! Frau Haas sah sich nun gezwungen, sich nach der Aufgabe der Steine zu erkundigen. Das es sich um Heizmaterial für unseren Kachelofen handelte, machte die Sache nicht besser. Neue Probleme taten sich auf: brennende Mülltonnen durch heiße Asche und ein nicht abzuschätzendes Risiko eines Hausbrandes durch eine Ofenexplosion. Wir ertrugen es mit Fassung.
Gestern wünschte mir Frau Haas ein schönes Leben. In ihrer lila Jogginghose, versteht sich.